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Zum ersten Mal seit etwa einem halben Jahr hat sich das Gleichgewicht im Staking-Mechanismus von Ethereum verschoben. Während in den vergangenen Monaten hauptsächlich Ether bereitgestellt wurde, um das Netzwerk zu verlassen, steht nun deutlich mehr ETH in der Warteschlange, um als Validator festgesetzt zu werden.
Laut Daten der Ethereum Validator Queue befinden sich derzeit über 745.000 Ethereum in der sogenannten Einstiegsschlange, mit einer Wartezeit von fast dreizehn Tagen. Demgegenüber steht eine Ausstiegsschlange von etwa 360.000 Ether, mit einer Wartezeit von acht Tagen. Mit anderen Worten: Fast doppelt so viel ETH wartet darauf, dem Netzwerk beizutreten, als es zu verlassen.

Ethereum arbeitet seit 2022 mit einem Proof-of-Stake-Modell. Validatoren müssen ihren Ether festsetzen, um Transaktionen zu verarbeiten und das Netzwerk abzusichern. Dieses Festsetzen (Staking) erfolgt nicht sofort: Das Netzwerk lässt neue Validatoren kontrolliert über eine Warteschlange zu. Dasselbe gilt für den Ausstieg. Wer sein ETH unstaken und wieder frei verfügbar machen möchte, landet ebenfalls in einer Ausstiegsschlange.
Eine lange Ausstiegsschlange wird oft als Signal gewertet, dass Validatoren ihren Ether freimachen wollen, beispielsweise um ihn zu verkaufen oder anderswo einzusetzen. Eine wachsende Einstiegsschlange weist hingegen auf die Bereitschaft hin, ETH für längere Zeit festzusetzen, was in der Regel als Vertrauen in das Netzwerk oder die Erträge des Stakings interpretiert wird.
Die Wende fand am vergangenen Wochenende statt, als beide Warteschlangen bei etwa 460.000 Ether lagen. Danach wuchs die Einstiegsschlange schnell weiter, während die Ausstiegsschlange weiter schrumpfte. Einige Analysten erwarten sogar, dass die Ausstiegsschlange Anfang Januar vollständig leerläuft.
Laut Abdul, Leiter DeFi beim Layer-1-Projekt Monad, fungiert die Ausstiegsschlange als eine Art Vorschau auf potenziellen Verkaufsdruck. Er schätzt, dass seit Juli etwa 5 Prozent des gesamten Ether-Bestands durch Unstaking bewegt wurden, unter anderem durch einen großangelegten Ausstieg des Staking-Dienstleisters Kiln im September. Kiln entschied sich damals, alle seine Validatoren geordnet abzubauen, nachdem es bei Partnerplattform SwissBorg zu einem Sicherheitsvorfall gekommen war.
Ein wichtiger Teil des freigewordenen Ethers scheint von großen digitalen Treasury-Unternehmen aufgekauft zu werden. Das sind börsennotierte Unternehmen, die Ethereum in ihrer Bilanz halten. Abdul gibt an, dass etwa 70 Prozent des kürzlich unstaked ETH von BitMine absorbiert wurden, das mittlerweile einige Prozent des gesamten Ether-Bestands besitzt.
On-Chain-Daten unterstützen dieses Bild. Die Blockchain-Analyseplattform Lookonchain berichtete, dass BitMine innerhalb von zwei Tagen mehr als 340.000 Ether gestaked hat, mit einem Marktwert von rund 1 Milliarde Dollar. Solche Unternehmen kaufen Ether nicht nur auf, sondern setzen ihn auch aktiv im Staking fest, wodurch das Angebot kurzfristig weiter eingeschränkt wird.
Nicht nur große Käufer scheinen die Wende zu erklären. Auch technische Verbesserungen am Netzwerk könnten eine Rolle spielen. Das kürzlich durchgeführte Pectra-Upgrade hat die Benutzerfreundlichkeit des Stakings erhöht, unter anderem durch höhere Limits pro Validator und eine reibungslosere Umverteilung großer ETH-Bestände. Das macht es für institutionelle Investoren und Fonds attraktiver, größere Mengen Ether auf einmal zu staken.
Darüber hinaus weisen einige Analysten auf einen Rückbau risikoreicher DeFi-Konstruktionen hin. Als die Leihzinsen auf Plattformen wie Aave stiegen, wurden sogenannte stETH-Loops, Hebelstrategien rund um gestakete Ether, gezwungenermaßen abgebaut. Das führte zuvor zu Abflüssen, scheint aber nun weitgehend verarbeitet zu sein.
Obwohl frühere Momente, in denen die Einstiegsschlange größer als die Ausstiegsschlange wurde, mit Preissteigerungen von Ether einhergingen, warnen Analysten vor voreiligen Schlüssen. Das Staking-Verhalten sagt vor allem etwas über das Angebot und das Vertrauen ins Netzwerk aus, nicht automatisch über den Ethereum-Kurs auf kurze Sicht.
Klar ist jedoch, dass der Verkaufsdruck durch Unstaking vorerst abnimmt. Wenn die Ausstiegsschlange tatsächlich gegen Null geht, verschwindet eine vorhersehbare Quelle zusätzlichen Angebots. Gleichzeitig wird mehr Ether für längere Zeit festgesetzt, was die Liquidität verringert.
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